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Stress-Notfall-Set: Schnelle Hilfe bei akutem Stress

Ein Foto im Hintergrund mit einer Feldlandschaft im Frühling und im Vordergrund zwei gemalte Hände eine angespannt, die andere offen und die Worte " Von Spannung zu Entspannung"

Einführung

Kann es sein, dass wir alle in diesen Zeiten schneller „aus der Haut“ geraten? Ich denke ja, und das ist verständlich, befinden wir uns doch jetzt schon lange in einer Ausnahmesituation, über die wir wenig Kontrolle haben und die jeden von uns auf verschiedenen Ebenen stresst. Es ist verständlich, dass wir schneller gereizt und überfordert sind, aber dennoch ist es wichtig, dass wir einen kühlen Kopf behalten: Das ist wichtig für uns, unsere Gesundheit, unsere Entscheidungen und unsere Umgebung. 

 

Es gibt unzählige individuelle Methoden langzeitig chronischen Stress zu bewältigen, auch um depressive Verstimmungen zu verbessern - als Sporttherapeutin möchte ich dir an dieser Stelle natürlich vor allem allgemeine Bewegung, Ausdauer und Krafttraining, empfehlen - aber dieser Beitrag soll dir helfen in einem akuten Fall von Stress, Unruhe, Angst und Aufregung, wieder in die Balance zu kommen und einen klaren Kopf zu bekommen, egal wer du bist, egal wo du bist und vor allem auch egal was dich aufregt.

 

Der erste Teil soll dein Notfall-Stress-Set sein. Wenn du körperlich spürst, dass dich eine Situation aufregt und beschäftigt. Die Übungen sind vor allem dazu da, deinen Atem zu beruhigen und dich akut zu entspannen und „herunter zu bringen“, um damit eine beruhigende Klarheit in deinen Kopf, Körper und Gefühle zu bekommen.

 

Im zweiten Teil gebe ich dir noch ein paar handfeste Strategien mit, die du direkt anwenden kannst, um die bevorstehende Situation oder das aufregende Thema leichter bewältigen zu können.

 

Alle Übungen können einzeln oder in Kombination mit anderen Strategien genutzt werden. Du kannst sie frei variieren und für deine Bedürfnisse zurechtlegen. 

Nur zwei Dinge sind wichtig: Lass und gib Zeit damit und mach das, was dir gut tut.

Teil 1: Notfall Set bei akutem Stress

1. Bewegung und Atmung

Zeichnung eines Mannes der m Stehen die Augen schließt, und sich auf den Atem konzentriert.

Atmung und Bewegung, das ist mehr als die halbe Miete, wenn es um Stressreduktion geht:

Geh langsam durch die Wohnung und konzentriere dich dabei auf deinen Atem, ohne etwas daran zu verändern. Versuche deine Schritte dem Atem anzupassen. Beginne nach einiger Zeit bewusst mit zu zählen: Zum Beispiel, 3 Schritte  3x einatmen, 3 Schritte 3 x ausatmen. Versuche dann die Anzahl des Ein- und Ausatmens zu steigern und dabei auch die Zeit des Ausatmens zu verlängern z. B. 4 x Einatmen, 5 x ausatmen und so weiter.

Manchen Personen hilft es, kleine Atempausen einzulegen bis der natürliche Reiz zum Weiteratmen eintritt. Du musst deinen Atem nicht zwingen sich zu vertiefen, das kommt ganz von alleine. Mach immer das was angenehm ist. Mach das so lange, bis du eine Beruhigung im Atem merkst.

Die Bewegung kann auch mit Armschwingen kombiniert werde, oder wenn du nicht gehen kannst, kannst du auch nur die Arme, oder den Kopf  bewegen. Zum Beispiel, Einatmen : Arme hoch, Ausatmen: Arme herunter.

2. Beugen und Strecken

Zeichnung einer Frau, die die Arme nach oben streckt und lächelt

Roll den Kopf, die Schultern, die gesamte Wirbelsäule ein und strecke sie wieder aus. Die Intensität der „Beugung und Streckung“ entscheidest du. Vor allem die Arme kannst du in alle Richtungen strecken. Die Übung kann in allen Positionen ausgeführt werden und auch wieder mit dem Atem kombiniert werden. Beim Öffnen einatmen und die Lunge mit frischer Luft füllen.

 

 Zusatztipp: Wenn die Arme nach oben gehen, nenne ich es „Freuen“ weil es wie ein Jubeln ist. Ein Nebeneffekt ist der, dass man lächelt, und das signalisiert dem Hirn, dass es einem gut geht. Es wird Serotonin ausgeschüttet, das einem dann tatsächlich ein positives Gefühl gibt. Man kann sich also selbst ein bisschen austricksen und mit Glückshormonen ausstatten, auch wenn einem gar nicht danach ist und das ganz legal . 

3. Spannen und Lösen (Progressive Muskelentspannung)

Zeichnung von zwei Händen übereinander  in Nahaufnahme vor gelbem Hintergrund. Die obere ballt eine Faust und die untere  enstpannt ich.

Diese Entspannungsmethode beruht auf dem Prinzip der Anspannung und Entspannung. Dafür werden einzelne Körperteile der Reihe nach angespannt (und es wird immer normal weitergeatmet) und wieder gelockert. Es kann auch der ganze Körper gespannt und gelockert werden. Du kannst einfach loslassen, oder das Körperteil noch ausschütteln – das ist meine Variante dazu. Das wichtigste ist, die Anspannung bewusst wahrzunehmen und dann natürlich auch die Entspannung zu spüren.

 

Für den akuten Stressfall hilft es, sich genau vorzusagen welches Körperteil dran ist, um die Gedanken aus dem Karussell zu nehmen, durch das kraftvolle Anspannen und lösen wird Energie freigesetzt, die sich sonst vielleicht in Aggression, Bluthochdruck, Verzweiflung umgewandelt hätte. Dabei immer bewusst und gleichmäßig atmen egal bei welcher Bewegung; also nicht anspannen und Atem anhalten, was sich vom Gefühl im ersten Moment anbietet. 

4. "Sinnvolle" Ablenkung

Foto, welches eine Bank zeigt an einem Feldweg mit Nordic Walking Stöcken, die angelehnt sind.

Wenn die Gedanken kreisen, aber kein Ziel finden ist es hilfreich, sich abzulenken. Um bei dieser Ablenkung nicht wieder in andere Gedankenkreise zu kommen, hilft folgende Bewusstseins Übung, die auch überall zu machen ist:

 

Du beobachtest deine Umgebung und zählst drei Dinge auf die du hörst, drei Dinge, die du siehst und drei Dinge, die du fühlst. Verweile jeweils ein paar Sekunden bei dem Eindruck, ohne ihn zu bewerten. Hast du das Auto gehört geht es weiter zum Rasenmäher danach zum schnarchenden Hund. Danach direkt zu den gesehenen Dingen usw.. Es ist dabei ganz egal, ob der Hund süß ist oder der Rasenmäher nervt. 

In den nächsten Runden können es neue Dinge sein, oder die gleichen. Es gibt auch die Variante, bei der man erst vier Dinge aufzählt, dann drei, dann zwei, dann eine. Versuche diese Übung einige Zeit zu machen, bis eine Beruhigung eingetreten ist. 

Teil 2: Strategien zur Bewältigung herausfordernder Situationen

Folgend möchte ich dir noch ein paar Strategien mitgeben, um mit den schwierigen Situationen umzugehen, denn auch mit der besten Atemkontrolle: Die auslösende Situation ist wahrscheinlich immer noch da. Jetzt heißt es: So gut es geht Kontrolle übernehmen. Die Strategien sind alles andere als vollständig, aber eigens erprobt und sollen dir, genau wie Teil 1, als Anregung dienen.

1. Häppchen einteilen und der Reihe nach abarbeiten

Dies ist in drei Situation hilfreich: 

a) Wenn es eine Aufgabe gibt vor der du sehr nervös bist, eine Situation, die für dich schwierig ist oder auch wenn dir ein schwieriger Tag bevor steht, an dem Einiges auf dich zu kommt, überlege dir vorher, welche Schritte notwendig sind, um die Aufgabe/ den Tag zu meistern. Überlege dir, wenn möglich, wie du die jeweiligen Schritte vorbereiten kannst. Wenn es soweit ist, konzentriere dich immer nur auf den nächsten Schritt bis dieser erledigt ist, dann mental abhaken ( und freuen, dass es geklappt hat) und zum nächsten Schritt schauen. Das macht den Weg um einiges einfacher und das Ziel erreichbar.

 

b) Sollte dich etwas aufgeregt haben, worauf du keinen Einfluss hast oder vielleicht ein Streit passiert sein und es sich so anfühlen, als könntest du im Moment nichts produktives tun, außer daran zu denken ist es hilfreich, simple und alltägliche Handlungen wie z.B. Kochen/Putzen ganz bewusst zu machen und auch hier nur an die jetzige Aufgabe und den dazugehörigen nächsten Schritt zu denken. 

 

c) Wenn es viele Dinge gibt, die dich im Moment überwältigen und du nicht weißt, wo anfangen. Oder wenn du eine Person bist, die sich in einer neuen Situation schnell unsicher fühlt und dann lieber gar nichts macht:

Nimm dir eine unangenehme Sache pro Tag vor, die du meistern möchtest. Sei sie noch so klein, es wird sich summieren und die angehäuften Erfolge werden dir helfen, dass die Dinge nicht mehr so schwierig sind. Dann geht es an ein weiteres, und noch eins und noch eins und am Ende merkst du gar nicht, dass die kleinen Dinge vom Anfang jetzt schon selbstverständlich geworden sind. Erinnere dich aber auch immer mal daran und sei stolz auf den Erfolg.

2. Aufschreiben

Ein Photo von dem Ausschnitt einer Mindmap, mit dem Thema "Glück", und drei Stiften.

Ob es pro-kontra-Abwägungen sind, To-Do Listen oder einfach nur ein Blatt vollgeschrieben mit den ganzen Gedanken, die dir im Kopf herumschwirren. Ob hübsch sortiert oder chaotisch, ob analog oder digital: Aufschreiben hilft.

 

Oft ist es so, dass, wenn man die Dinge erst einmal aufgeschrieben hat, das Hirn für eine Zeit wieder Ruhe gibt, weil man sich ja zumindest mal mit dem Thema beschäftigt hat. Je nachdem hilft es außerdem dabei, Klarheit zu bekommen und vielleicht sogar Lösungen zu finden. Wer sich gerne kreativ beschäftigt, wird bei der Ausarbeitung viel Freude haben und durch das Aufschreiben und Gestalten auch wieder die gewünschte Ruhe und Entspannung erleben.

3. Mental Imagery: Gehe die Situation im Kopf durch-mit Erfolg.

Stell dir vorher den Ablauf einer, für dich, stressigen Situation vor, zum Beispiel ein geplantes Gespräch mit einer unangenehmen Person.

Stell dir vor, dass du selbstbewusst und klar deinen Standpunkte vertrittst, vor allem auch, dass du dabei stabil bleibst und es gut läuft.

Stell dir vor, wie du reagieren wirst, auch wenn dein Gegenüber genauso sein wird wie sie/er immer ist. Sag die Worte und fühle dich so, wie du es brauchen wirst. Wenn zum Beispiel dein Gegenüber respektlos ist, spiel im Kopf das Szenario durch, dass es dir nichts ausmachst und du dich davon nicht ablenken lassen wirst.

 

Diese Strategie der Imagery kommt aus der Kognitiven Psychologie, dein Hirn hat durch das Durchspielen schon einmal die Situation positiv erlebt und wird besser reagieren können, bzw. ist vorbereitet.

4. Mach eine Pause

Gönn dir eine Auszeit und suche einen Ausgleich, am besten mit einem Spaziergang draußen in der Natur. Beobachte deine Umgebung und lass deine Gedanken fließen versuche dich auf die schöne Umgebung zu konzentrieren. Wasser, Tiere und Bäume eigenen sich sehr gut dafür.

Falls du gerade nicht raus kannst oder die Natur unerreichbar ist, lasse ich dir ein paar entspannende selbst geknipste Naturaufnahmen da, zum Anschauen und Hineinvertiefen:

Dies alles sind Tipps und Hilfestellungen, die mir persönlich schon geholfen haben. 

 

Vielleicht kann auch dir das Eine oder Andere helfen? Ich wünsche es dir. Viel Ruhe und Erfolg beim Meistern deiner Herausforderungen - Das kannst du !!

 

Selbstverständlich sind alle Übungen eine reine Hilfestellung und kein Rezept. Solltest du scherwiegende oder anhaltende körperliche oder mentale Symptome und Schwierigkeiten haben und es dir nicht gut gehen, suche bitte professionelle ärztliche oder psychologische Hilfe und Beratung !

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Cordula Bichler (Samstag, 01 Mai 2021 09:19)

    Danke für die tolle Zusammenstellung,die klar und verständlich formuliert ist! Es sind tolle Tipps dabei,die bestimmt weiterhelfen.Jeder kann sich etwas auswählen,was individuell passt!
    Super!!!

  • #2

    Angela Schmidtke (Montag, 03 Mai 2021 13:28)

    Danke für die Tipps.
    Vor allem die progressive Muskelentspannung und die Tipps zum bewußten Atmen werde ich mit Sicherheit anwenden