Der Schweinehund - und wie wir ihn loswerden

Was in der Gesundheitspsychologie „Intentions- Verhaltens-Lücke“ genannt wird, heißt im Alltag Schweinehund. Es ist dieses allseits bekannte Phänomen des Nicht-Aufraffen-Könnens. Die Motivation ist da, und auch das Wissen dass Bewegung gut tut, gesund hält und wir uns danach gestärkt und glücklich fühlen und trotzdem finden wir unzählige Ausreden, die auf einmal ganz plausibel klingen, uns doch nicht zu bewegen und heute, nur heute, die geplante Einheit ausfallen zu lassen.Wem das nicht bekannt vorkommt, darf sich unter den wenigen Glücklichen schätzen und braucht auch nicht weiter zu lesen. Dem Rest von uns soll dieser Artikel helfen, mit kleinen Tricks den Schweinehund in seine Hundehütte zu verbannen. Nicht alles funktioniert für jeden, es gibt auch keine hundertprozentige Lösung, aber probiert es aus und findet eure beste Strategie

 

1.  Genaue „Wenn-Dann-Pläne“ machen: Pläne machen kennen wir von Neujahrsvorsätzen und wir wissen aus schlechter Erfahrung, dass sie nicht funktionieren. Das ist vor allem so, weil wir zu generell planen. „ Ich will mich mehr bewegen“ wird uns dazu verleiten, es später zu machen. Spezifische, genaue, machbare Pläne sind dahingegen wirkungsvoller.  Eine solcher Plan wäre zum Beispiel: „Ich gehe jeden Montag nach der Arbeit 30 Minuten laufen“. Das ist spezifisch,  machbar und genau geplant. Um machbar zu sein, müssen in diesem Beispiel die Zeit und auch die Aktivität passen. Wenn man Montags immer viel zu tun hat, ist es eher unrealistisch, dass man dann noch zum Laufen geht und wer sich mit 30 Minuten Laufen schwer tut, der nimmt sich natürlich eine andere Aktivität vor.

Laut Motivationspsychologe Peter Gollwitzer ist es besonders wirksam, wenn wir Verhalten an bestimmte Situationen knüpfen. Ein Beispiel solch einer Verknüpfung ist: „Wenn ich am Montag von der Arbeit komme, dann gehe ich laufen“ oder „Immer wenn im Fernsehen Werbung kommt, dann mache ich Kraftübungen“. Das klingt anfangs etwas seltsam, aber tatsächlich speichert sich das Hirn mit der Zeit diese Verknüpfung ab und möchte nach einiger Zeit automatisch Montags nach der Arbeit laufen gehen oder während der Werbung Kniebeugen machen.

Wir können „Wenn-Dann-Pläne“ auch dazu nutzen, um uns vorher zu überlegen, wie wir handeln, wenn etwas dazwischen kommt.  Zum Beispiel „Wenn es regnet, dann ziehe ich meine Regenjacke an und gehe trotzdem raus “. Wir haben vorher geplant, jeden Montag nach der Arbeit 30 Minuten laufen zu gehen, aber jetzt regnet es. Der Schweinehund rät uns, lieber zu Hause zu bleiben, weil es doch ganz schlimm nass draußen ist. Da wir aber vorher einen „Wenn-Dann-Plan“ geschmiedet haben, sind wir darauf vorbereitet, gehen trotzdem raus und fühlen uns danach wunderbar. Erstens, weil der Lauf sehr schön war und zweitens, weil wir es geschafft haben, den Schweinehund zu überlisten.

 

2. Kleidung bereit legen und nicht hinsetzen: Um die guten Pläne umzusetzen, gibt es den simplen Trick, sich vorher schon die Sportkleidung zurechtzulegen, sei das morgens beim Aufstehen oder, wie in unserem Beispiel, bevor man zur Arbeit geht schon die Kleidung in den Flur zu legen, damit man sich dann gleich beim nach Hause kommen umziehen und los rennen kann.

Um tatsächlich direkt loszurennen ist es außerdem empfehlenswert, sich auf keinen Fall „vorher noch mal schnell hinzusetzen“ oder „mal schnell die Emails zu checken“.  Einmal hingesetzt und die Hürde zum Aufstehen erhöht sich mit jeder Minute.

Wasserflaschen können vorher gefüllt werden, damit wir vor unserer Runde noch schnell etwas trinken können. Im Stehen, versteht sich.

 

3. Sozialen Druck ausnutzen: Gruppenzwang ist in diesem Fall positiv. Sobald wir uns mit jemanden zum Sport  verabreden, vergrößert das die Chance, es auch zu tun-wir wollen ja nicht immer die sein, die absagen. Genauso gut wirken Anmeldungen an Bewegungsangeboten, bei denen man auch nicht immer fehlen will. Andere Möglichkeiten die Gruppe zu nutzen sind kleine Wettbewerbe zwischen Freunden, Partnern und Co. Entweder durch Schrittzähler oder verschiedene Apps, die die Bewegung messen und genau anzeigen, wer wie viel gemacht hat oder indem man sich gemeinsam für ein Rennen anmeldet.

Wer lieber alleine Sport macht, kann ebenfalls den positiven Effekt des sozialen Drucks ausnutzen, indem man jemanden erzählt, was heute an Sport geplant ist. Wenn ich einer Kollegin in der Arbeit erzähle, dass ich heute noch laufen gehe, möchte ich morgen nicht sagen müssen, dass ich es nicht gemacht habe.  Wer einen stärkeren Druck braucht, kann der Kollegin auch sagen, sie soll nachfragen wie der Lauf war.

 

4.  Verhandeln: Nehmen wir mal an, wir haben alles versucht. Haben bestens geplant, haben unsere Kleidung zurechtgelegt, aber unsere Freundin hat abgesagt, es regnet, der Stress am Tag war groß, wir sind müde und haben keine Lust. Alle Tricks scheinen komplett unnütz und die einzig wahre Lösung scheint zu sein, auf der Couch mit einer großen Schüssel Chips den Feierabend zu verbringen. Der Schweinehund stimmt zu und grunzt freudig. Und trotzdem wissen wir  „Ich sollte trotzdem meine 30 Minuten laufen“. In dem Fall hilft die Verhandlung: Wir geben uns eine Mindestzeit, die wir absolvieren und danach dürfen wir entscheiden, ob wir weitermachen. Zum Beispiel: Anstatt 30 Minuten laufen wir nur lockere 10 Minuten. Wenn wir danach immer noch keine Lust haben, müde sind und es einfach nicht passt, dann dürfen wir heimgehen und die Einheit verschieben, das ist dann auch ok, es gibt so Tage und es benötigt kein schlechtes Gewissen. Zumindest haben wir es probiert. Wenn es sich nach den 10 Minuten allerdings gut anfühlt, dann machen wir unsere 30 Minuten und verlängern vielleicht sogar aus Freude, weil es so viel Spaß macht und gut tut.

 

 

Das sind einige Tipps und Tricks, mit denen sich Bewegung im

Alltag vereinfachen lässt. Viel Erfolg beim Ausprobieren und Überwinden des

Schweinehundes und vor allem viel Freude während der Bewegungseinheit.

 


Literaturtipps zum Vertiefen

T. Faude-Kovisto & P. Gollwitzer. 2009. Wenn-Dann Pläne: eine effektive Planungsstrategie aus der Motivationspsychologie erschienen in Coachingwissen: denn sie wissen nicht, was sie tun? / Bernd Birgmeier (Hrsg.). - Wiesbaden : VS, Verl. für Sozialwiss., S. 207-225

https://kops.uni-konstanz.de/bitstream/handle/123456789/17196/Faude-Koivisto_171968.pdf?sequence=2.Aufgerufen am 10.7.2017.

R. Fuchs, W. Göhner & H. Seelig (Hrsg.). 2007. Aufbau eines körperlich-aktiven Lebensstils. Göttingen: Hogrefe.

R. Fuchs. 2013. Das Motivation-Volitions Konzept. Public Health Forum, 21(2). doi:dx.doi.org/10.1016/j.phf.2013.03.007

R. Schwarzer. 2004. Psychologie des Gesundheitsverhaltens. Eine Einführung in die Gesundheitspsychologie. Göttingen: Hogrefe

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